Bericht Decatriathlon 2004

 

Das mal 3 und noch einen drauf, denk ich mir, als ich nach 42 Stunden geschafft und überglücklich über die Ziellinie laufe und gerade den Tripleironman auf Lensah als 8. beende.

 

Wie soll es gehen, diese wahnsinnige Leistung von 11,4 km schwimmen, 540 km bike und 126 km laufen noch zu übertreffen und einen zehnfachen Ironman daraus zu machen, frage ich mich und falle erschöpft in mein Zelt und schlafe ein. Es geht und man nennt diesen Event ganz einfach DECA. Termin 13. bis 27. November auf Hawaii und ICH werde dort starten.

 

Hawaii empfängt mich mit schönem Wetter und freundlichen Menschen. Ich fühle mich hier sofort wohl, vielleicht zu wohl für das was ich vorhabe. Mein Name steht auf der Startliste des längsten und härtesten Triathlonbewerbes der Welt. Das bedeutet ich werde mit 26 Athleten aus aller Welt an den Start gehen um die unglaubliche Distanz von 38 km schwimmen, 1.800 km Rad fahren und 422 km laufen im Zeitrahmen von 14 Tagen zu bewältigen.

 

Wir treffen das Organisationsteam bei der Pasta Party im Allstarcafe im mondänen Honolulu und alle Athleten werden vorgestellt. Hier sind hunderttausende km Ultratriathlon am Start und ich mit drei Youngsters in meiner Altersklasse bis 29 ein Newcomer par ecxellence. Als ich erzähle, dass ich in meiner ersten Ultratriathlon-Saison bin, sind alle etwas erstaunt was ich mich hier traue. Für die meisten ist der Decatriathlon der Abschluss einer lebenslangen Extremsportkarriere doch die allermeisten machen ihn nie.

 

Barberspoint bei Pearl Harbour, der Vorabend zum Bewerb und wir beziehen unsere Tentcity, die „Stadt“ der Athleten. Die Zelte sind nach unten offen und wir machen Bekanntschaft mit den Insekten der Insel. Wir schlafen auf schlechten Colemanluftmatratzen und zu allem Überfluss geht meine auch noch aus, Dornenopfer nennt man so was als Reiseradler. Gott sei Dank ist die Nacht warm und ich schlafe gemütlich am Beton, bis mich die heisse Sonne weckt. Das kannte ich von meiner Indienumrundung mit dem Rad, als ich einmal am Dach eines kleinen Strassentempels schlief.

 

Der Tag beginnt also lustig, ich bin gut drauf und es geht ins Schwimmbad. Wir bekommen die Startnummern, die Pentekchips  und es geht bald los. 12:00 Uhr ist Schwimmstart und 38 km sind in einem 50 Meter – Becken zu schwimmen. Ich gleite ins Wasser und hoffe dass meine Schulter durchhält, da ich mich in der Vorbereitung an der Bizepssehne verletzt habe und bis zuletzt nicht schmerzfrei war. Die Sirene heult und ich schwimme los. Die ersten Längen mechanisch wie hundertmal trainiert, dann konzentriert und kraftsparend. Die Schulter hält vorerst, ich schwimme die ersten 10 Stunden ohne Probleme, bin gut im Rennen, das Wasser hat 28 Grad, die Sonne brennt runter, die Schwimmhaube ist zu eng und ich kriege pochende Kopfschmerzen. Das alles ist normal, das habe ich im warmen Wasser der Therme Oberlaa trainiert.

 

Die Nahrung vertrage ich gut, mein Magen ist ok und ich glaube schon es geht easy dahin, als meine Schulter zu schmerzen beginnt.  Ich mache weiter, kann jedoch nach 33 km den Arm fast nicht mehr heben und die Schulter ist arg geschwollen. Jetzt wird es hart, ich muss teilweise am Rücken schwimmen und kämpfe bis zum Schluss. Unter schweren Schmerzen beende ich das Schwimmen mit einer Zeit von 17 Stunden.

 

Glücklich springe ich auf mein bike und habe auch hier noch arge Schulterschmerzen, fahre aber gleich die ersten Runden auf dem 1,6 km langen Rundkurs. Die Fahrtstrecke ist in schlechtestem Zustand und extrem mies beleuchtet. Es regnet und ich bin froh, dass nichts passiert. Oft ist in den Kurven ein kurzer unfreiwilliger drift nicht zu vermeiden.

 

Bei den ersten Verpflegungspausen merke ich, was hier von Seiten der Organisation abgeht. Freundlich ausgedrückt gibt es keine echte Organisation. Wir machen hier eine Weltmeisterschaft bei der sich die Weltelite des Ultraausdauersports trifft, und es mangelt an allem, besonders an Nahrung. Es gibt kein fliessend Wasser im Camp, keine medizinische Versorgung und im einzigen Kühlschrank hausen die Fliegen. Nicht zu vergessen die Zeitnehmungsstation: diese hängt an einem offenen Kabel an einer Autobatterie und über die Rennstrecke fährt jeden morgen ein Schulbus, der Kinder in die nahe gelegene Schule bringt und die Strecke deshalb auf die halbe Breite reduziert werden muss. Definitiv ein Bewerb für Leute mit Humor und guten Nerven. Eines unseligen Momentes brach der Racedirektor sogar das Rennen ab und wir bangten 45 Minuten um die Früchte unserer bereits erbrachten Leistungen bei 40 Grad Hitze.

 

So fahre ich weiter rund 20 Stunden am Tag, raste wenig und esse noch weniger um endlich nach 1.800 km das Rad hinzustellen und den bikecourse zu beenden. Viel Zeit habe ich auf dem Rad nicht gutmachen können, die 90 Grad Kurven haben mein Tempo gebremst und die Schlaglöcher haben meinen Gelenken alles abverlangt.

 

Jawohl, Schmerzen waren meine Begleiter und werden es bleiben, denn es geht auf die Laufstrecke, die von den Decaultras „the walk“ genannt wird. Wohl deshalb, weil fast keiner die 422 km durchlaufen kann. Mein Marschplan ist klar: ich muss am Tag 2 Marathons machen, kann dann das Laufen in 5 Tagen erledigen und den Bewerb in ca. 13 Tagen beenden. Es wird etwas eng, aber ich bin zuversichtlich. Im Moment liege ich auf Rang 2 der Alterswertung, weil der Australier das bike wegen einer Knieverletzung nicht beenden konnte und ausgeschieden ist. Der Italiener Fabrizio Botanica liegt knapp vor mir und wir beschließen gemeinsam zu finishen um beide Worldchampion zu werden. So was gibt es nur im Ultrasport, weil man einfach vor jedem anderen Teilnehmer großen Respekt hat und zusammen hält.

 

Trotz schwerer Blasenprobleme an den Füßen, verursacht durch die hohe Luftfeuchtigkeit und die Hitze, halte ich meinen Plan ein. Ich mache mich auf meinen letzten Marathon, Fabrizio muss wegen einer Knieverletzung ausscheiden, wir versuchen alles aber es geht nicht mehr.

 

Nach 13 Tagen, 12 Stunden und 6 Minuten beende ich meine Reise über die Ziellinie. Ich liege am 15. Platz gesamt von 19 gefinishten Teilnehmern. 25 sind gestartet und in meiner Altersklasse werde ich Weltmeister!!!

 

Mein Glück und Erfolg sind perfekt, ich kann es nicht glauben das geschafft zu haben und bedanke mich bei meiner Mutter die mich den ganzen Bewerb über allein betreut hat, während andere Athleten mit ganzen Betreuerteams angereist sind.

 

Für alle die es auch mal probieren wollen: der Ultratriathlon, egal ob double oder deca, ist eine ausgezeichnete Schule im Konfliktmanagement mit sich selber und der Umwelt und daher unbedingt eine Erfahrung wert!